Review: WACOM Bamboo Stylus Fineline



  • Ich hatte mir vor kurzer Zeit den WACOM Bamboo Stylus Fineline für mein iPad Air 2 geholt, um in der Uni etwas mitschreiben zu können und manchmal schnell ein paar Randnotizen oder Skizzen zu machen, da gerade Stylus Bereich die Erfahrungsberichte doch eher dürftig sind, mache ich dazu mal ein Review.
    Zunächst einmal der Kaufgrund für einen Stylus in diesem Preissegment. Für mich war die Kaufentscheidung schnell gefällt, dann ich zahlte etwas mehr als die Hälfte des Preises für den Stift (29€), als beim billigsten Anbieter und sogar weniger als den Einkaufspreis, durch einen Fehler seitens Saturn. Zunächst aber allgemein zu solchen Stiften. Am bekanntesten sind wohl die Styli mit Silikon"spitze", diese sind günstig, meistens im Bereich von 1-10€, oftmals bekommt man einen solchen auch als Werbegeschenk oder ein Kugelschreiber hat es integriert, funktionieren eigentlich bei jedem kapazitiven Bildschirm und tun im Grunde genommen das was sie tun sollen. Mit Ihnen lassen sich präzisere Eingaben machen als mit dem Finger und es fühlt sich gewohnter an, als mit dem Finger etwas zu malen oder zu schreiben. Speziell beim Schreiben aber kommen diese Styli an ihre Grenzen, denn präzise handschriftliche Eingaben sind mit diesen Stiften eigentlich nicht möglich, wie auch wenn die "Spitze" bereits einen Durchmesser von 5-10mm hat? Genau an diesem Punkt kommen die aktiven Styli zum Zuge. Einige kennen solche präzisen Stifte eventuell vom Galaxy Note oder dem Microsoft Surface, dort ist die Integration aber anders gehandhabt als bei dem von mir reviewten Stylus, bei einigen Geräten ist die Stifterkennung fester Bestandteil der Hardware und ist oftmals im Display integriert, dadurch kommt eine extrem hohe Präzision zu Stande, die man auch mit dem von mir reviewten Stift nicht erreichen kann, da das iPad auf Fingereingaben setzt und es nicht nativ vorgesehen ist das Gerät mit einem Stylus zu bedienen. Der Vorteil dieser aktiven Styli ist nun denke ich klar, deshalb komme ich nun zum eigentlichen Review.


    • Aussehen und Besonderheiten
      Den Stylus gibt es in fünf verschiedenen Farben (Grau, Silber [auf meinen Bildern zu sehen], Blau, Pink und Orange), sodass eigentlich für jeden etwas dabei ist. Die Größe und Form erinnert sehr an einen gewöhnlichen Kugelschreiber und gerade das kommt bei mir gut an. Der Stift besteht aus einem Aluminiumkörper, am Griffbereich besteht er als Plastik (WACOM nennt es "Soft-Touch-Oberfläche") und am oberen Ende des Griffbereichs befindet sich eine LED, die Spitze besteht ebenfalls aus Plastik und am oberen Ende des Stylus befindet sich eine Gummiverschlusskappe für die MicroUSB Ladebuchse.
      Der Stift ist ~15cm lang und damit nur ~1cm länger als ein Kugelschreiber den ich zum Vergleich nahm, der kleine Unterschied ist auch in den nachfolgenden Bildern zu erkennen. Im Durchmesser misst der Stift ohne die Kappe 11,9mm an der dicksten Stelle.
      Im Griff des Stylus ist ein Button integriert, den man bei Apps, die den Stift voll unterstützen, frei belegen kann. Das wichtigste aber ist der Durchmesser der Spitze. Die Spitze ist 1,9mm dünn und damit etwas dicker als reguläre Kugelschreiber, zu denen ich aber keine vergleichbare Größe gefunden habe, nur dass die Strichstärke in der Regel bei ~0,4mm liegt damit die Kugel so dick ist. Die Kappe, die die MicroUSB Ladebuchse verschließt ist am Stift durch ein dünnes Gummi verbunden, damit sie nicht verloren geht. In Kundenbewertungen wurde oft kritisiert, dass diese Gummiverbindung leicht reist, doch hat sie bei mir bisher gehalten und ich bin nicht zimperlich mit der Kappe umgegangen, was natürlich nicht heißt, dass ich mutwillig versucht habe sie abzureisen.


    • Lieferumfang und Einrichtung
      Im Lieferumfang befindet sich natürlich der Stift, ein USB-zu-MicroUSB Kabel, ein Flyer zur hauseigenen App Bamboo Paper und dem mit dem Stift kommenden Fineline Pack für die App, eine Betriebsanleitung zu der ich gleich noch etwas sagen werde und eine Garantieerklärung.
      Die Einrichtung ist relativ simpel, wenn man sich nicht von der massiv groß anmutenden Betriebsanleitung schocken lässt, die einem Beipackzettel von Arznei relativ nah kommt und eigentlich nur Step-By-Step die Inbetriebnahme erklärt. Grund für die Größe wird wohl die große Sprachvielfalt der Anleitung sein, obwohl meiner Meinung nach Englisch, Deutsch und Französisch gereicht hätten. Negativ fiel mir auf, dass der Stylus am Anfang komplett entladen war, was nicht gerade toll für den fest verbauten Akku sein könnte, bisher konnte ich aber diesbezüglich nichts negatives feststellen. Nachdem ich den Stift mit einem 2A USB Netzteil etwa 1-1,5h geladen hatte war der maximale Ladezustand erreicht und ich konnte mit der Einrichtung fortfahren. Das ganze verlief erstaunlich simpel:
      1. Schritt: App installieren
      2. Schritt: Bluetooth aktivieren und Multi-Touch-Gesten deaktivieren
      3. Schritt: Einmal auf die Taste drücken um den Stift "zum Leben zu erwecken" und in der App auf die "Kopplungsfläche" halten.
      Schon war der Stift voll Betriebsbereit und man konnte in der App direkt den Button des Stifts belegen und die Stifthaltung links/rechts ändern. Außerdem zeigt die App dort wo die "Kopplungsfläche" war den aktuellen Ladestand an.
      Anzumerken gibt es hier auch, dass der Stift natürlich auch ohne vorige Kopplung funktioniert. Dazu muss man den Stift nur einmal kurz andrücken über den Button und kann direkt loslegen, denn die Spitze ist leitfähig und nutzt "reflektive, elektrostatische Technologie" um auch ohne Kopplung nutzbar zu sein.


    • Stift und Akku Performance
      Der Stift unterstützt alle aktuellen iPads (iPad Mini 1, 2 und 3, iPad 3 und 4, iPad Air 1 und 2) 1024 Drucklevels was weniger interessant für das schreiben als zum Malen ist, da ich aber kein Zeichner bin möchte ich darauf auch gar nicht intensiv eingehen. Um es kurz zu machen, die Drucksensitivität geht, sofern die genutze App über die Stylus Integration verfügt. Desweiteren bringt der Stift eine sogenannte "Palm Rejection", auf deutsch eine Handballenerkennung, mit sich, die je nach App mehr oder weniger gut funktioniert.
      Zur Handballenerkennung in Bamboo Paper:
      Für jemanden, der die Hand beim Schreiben auf höhe des Stifts oder darunter hält, funktioniert die Palm Rejection eigentlich relativ gut, doch speziell für mich als Linkshänder, der die Hand eher über der Stiftspitze hat, also eher von oben schreibt (das nachfolgende Bild zeigt das eventuell eher) ist die Handballenerkennung ein Graus! Der Stift wird gar nicht erkannt, sondern nur die Hand sobald sie aufliegt. Ohne Handauflage zu schreiben ist aber nicht nur ungewohnt, sondern macht auch einfach keinen Spaß. Zu dem Zeitpunkt war ich eigentlich kurz davor den Stift einem Kollegen zu verkaufen, der damit mehr als gut umgehen konnte, doch dann fand ich die Lösung des Problems.


      Die App GoodNotes und MetaMoji Note Lite:
      In GoodNotes ist der Stift meiner Ansicht nach noch besser integriert als in der App des Herstellers, der größte Vorteil an der App ist aber, dass man die Schreibhaltung einstellen kann und somit das Problem von Bamboo Paper gelöst war.

      Mit GoodNotes funktioniert die Handballen Erkennung eigentlich super bis auf ein paar wenige Ausnahmen, doch auch diese App hat ihren Haken.
      Punkt 1: Die App kostet Geld, etwa 6€ werden für die App fällig, dafür bekommt man aber auch direkt eine bessere Integration des Bamboo Fineline und anderer Styli, diverse Import und Export Möglichkeiten (u.a. PDF), einige Papierarten (Kariert groß, Kariert klein, Millimeterpapier, ...) und einige weitere Features.
      Punkt 2: Im Gegensatz zu MetaMoji und Bamboo Paper gibt es hier keine Möglichkeit, zumindestens habe ich sie bisher nicht entdeckt, die Steuerelemente der App verschwinden zu lassen und so kann es, gerade wenn man am oberen Rand arbeitet, dazu kommen, dass man die ungewollt auf Steuerelemente kommt. Gerade das nervt mich ungemein und ich werde mich die Tage mit dem Entwickler der App in Verbindung setzen, eventuell gibt es dort ja Interesse an Feedback und die Funktion wird, wenn nicht bereits getan und deplatziert, in den kommenden Versionen umgesetzt.


      In MetaMoji hingehen ist der Stift selbst nicht implementiert, die Sonderfunktionen wie die vom Stift angebotene Handballenerkennung oder die Taste funktionieren nicht, doch das soll der App keinen Abbruch tun, denn die Softwareseitige Handballenerkennung ist dafür grandios, zwar werden immer noch manche Ausreißer erkannt, doch soll in Zukunft auch die Integration des Stifts selbst kommen und gerade in der Kombination sehe ich sehr viel Potential. Die App ist außerdem kostenlos und bietet dafür einen massiven Funktionsumfang, ähnlich von GoodNotes. u.a. der Import und Export von verschiedenen Dateien ist möglich. Aktuell nutze ich diese App in Kombination mit GoodNotes für die Universität und kann mich bisher nicht beklagen.


      Ist der Stift also integriert und die softwareseitige Handballenerkennung in Ordnung, macht es sehr viel Spaß mit dem Stift zu arbeiten, denn die Kombination Tablet + Stylus + digitale Unterlagen erleichert nicht nur die Tasche, sondern schützt auch noch die Umwelt, obwohl das für mich nicht wirklich ausschlaggebend ist. Alleine das noch kleine App Angebot von unterstützten Apps ist ein wenig hinderlich, doch viele App Entwickler sind bereits an der Integration und die WACOM SDK ist auch öffentlich verfügbar.


      Über die Akkuperformance kann ich mich auch nicht beklagen. Aktiv habe ich den Stift nun seit mehreren Tagen in den Vorlesungen in Nutzung und der Akku sagt mir nach wie vor 100% Ladezustand, Aussetzer konnte ich ebenfalls noch nicht feststellen. Speziell durch Bluetooth 4 LE ist der Batterieverbrauch eh minimal, so sollte der Stift einige Stunden/Tage Nutzung bringen. Bei normaler Nutzung sprechen einige Nutzer von Wochen, schließlich zeichnet man auch nicht bei einer 1,5 stündigen Vorlesung, diese Zeit nur mit dem Stift. ;)


    • Fazit
      Generell kann ich jedem, der auf der Suche nach einem solchen Stylus ist, diesen Stylus empfehlen. Man sollte aber nicht zu viel von ihm erwarten. Aussagen wie "Schreibt wie auf echtem Papier" kann man bei solchen Produkten eh getrost ignorieren, denn auf Glas schreibt sich nunmal nicht wie auf Papier und daran kann ein Hersteller auch nichts ändern. Außerdem wird die Handballenerkennung so lange ein Problem bleiben bis sich Apple dem annimmt und es in iOS direkt integriert oder sogar zu einem Teil der Hardware macht, doch in naher Zukunft sehe ich da keine Besserung, da man immer noch der Meinung ist, der Finger sei die beste Eingabemethode für Tablets, ungeachtet der Anwendung. Nichtsdestotrotz beweisen der Stift und einige Apps, in denen er bereits integriert ist, ihre Stärke und was doch alles möglich ist, selbst wenn Apple nicht direkt dahinter steht.
      Wer nach der eierlegenden Wollmilchsau für handschriftliche Eingabe oder Zeichnungen sucht, der wird für das iPad schlichtweg aktuell nichts finden. Abstriche muss man machen, und ich bin der Meinung, dass man diese bei WACOM an der richtigen Stelle gemacht hat.
      Der Stift ist..
      + handlich
      + akkurat
      + leistungsstark
      + vielseitig
      + dort wo er integriert ist funktioniert er eigentlich auch (Ausnahmen bestätigen die Regel: Bamboo Paper :wacko:)
      + die Spitze soll extrem lange halten, nichtsdestotrotz ist sie Austauschbar und drei Austauschspitzen belaufen sich auf nur 7,30€ inkl. Versand
      + relativ preisgünstig


      Gerade der letzte Punkt ist nicht gerade unwichtig. Oftmals sind es Studenten oder Schüler, die sich für solch einen Stift interessieren, sei es zum Mitschreiben oder einfach um zu Malen, und diese haben auch nur ein begrenztes Budget. In den meisten Fällen ging das restliche Taschengeld bereits für das iPad drauf oder die Eltern weigern sich nochmals groß Geld in einen Stift für das iPad zu investieren, da kommt der WACOM Bamboo Stylus Fineline mit seinen ~50€ Anschaffungskosten doch ganz recht. Ich möchte nicht sagen, dass der Stift billig ist, doch lohnt sich der Aufpreis meiner Ansicht nicht zu einem herkömmlichen Stylus mit Gummikappe alle mal! Auch im Hinblick darauf, was man bei der Konkurrenz für solche Stifte zahlt, schneidet der Fineline recht gut ab. Zum Vergleich, der Adobe ADBIS Ink & Slide Creative liegt bei ~200€ und gibt sich meiner Meinung nach nicht viel besser wenn es um die Nutzung geht, der Ten One Design Pogo Connect Stylus kostet zwar nur knapp 40€, ist aber eher ungeeignet zum Schreiben aufgrund der dicken Spitze, ein direkter Konkurrent ist der Adonit ADJS Jot Script, der mit >60€ trotzdem teurer ist als das WACOM Äquivalent.


      Letztlich möchte ich aber nicht die negativen Aspekte am Stylus unterschlagen.
      Der Stift ist...
      (- nach wie vor nicht perfekt zum schreiben und malen, das liegt aber eher am iPad als am Stift.)
      - die unterstützten Apps sind leider nur überschaubar, was sich aber in Zukunft bessern soll
      - der Stift hat einen nicht gerade billigen Anschaffungspreis von ~50€
      - oftmals merkt man beim Schreiben eine Lücke (engl. "Gap"), was meistens an der schlechten Integration liegt, manchmal aber auch leider am Stift. Das findet man aber bei eigentlich allen Stiften dieser Art für das iPad
      - der Stift kam komplett entladen an
      - der Akku ist fest verbaut und nicht tauschbar, bei einem Ausfall muss der Stift getauscht werden


      Wo könnt ihr den Stift kaufen?
      - Saturn (54-55€; ACHTUNG: Bei dem Stift für 24,90€ handelt es sich fälschlicherweise um den Bamboo Stylus duo. Dieser hat nur normale Gummikappe und kann von anderen Herstellern auf Amazon für weniger als 10€ bezogen werden!)
      - WACOM Webshop (59,90€ zzgl. Versand)
      - Amazon (grau, silber, orange, blau, pink)


    Ich hoffe ich konnte jemandem mit diesem Review helfen, bei Fragen stehe ich euch natürlich gerne zur Verfügung. Sollte sich etwas ändern, oder ich Neuigkeiten haben werde ich das natürlich hier anpassen oder veröffentlichen. :thumbup:


    MfG,
    fnL

    Einmal editiert, zuletzt von fnL ()